Download PDF des Artikels hier. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V.

Die bewährten Strategien, die anderen Schülern beim Vokabellernen zugutekommen, erweisen sich bei Menschen mit Legasthenie oft als unwirksam. Daher sind Betroffene auf alternative Lösungen angewiesen.

Endgegner Vokabeln lernen

Kommt eine Fremdsprache in der Schule hinzu, wird es noch schwieriger für Kinder mit Legasthenie: Die Rechtschreibung in Englisch und Co. wird in der Schule meistens nicht ei gens besprochen. Die betroffenen Schüler, die oftmals mit verminderter Merkfähigkeit zu kämpfen haben, müssen alle Vokabeln mühsam auswendig lernen, ohne dass sie Regeln erkennen könnten. Der schwach ausgeprägte Wortbildspeicher macht es schwer, Rechtschreibfehler zu entdecken. Dann kommt das Problem mit der Aussprache hinzu: Die phonologische Verarbeitungsfähigkeit, die ermöglicht, dass Laute mit Buchstaben in Verbindung gebracht werden, ist bei Betroffenen ebenso vermindert.

Wenn der Frust blockiert

Das Vokabellernen ist an sich schon eine schwer zu vermittelnde Fleißaufgabe. Bei Kindern mit Legasthenie führen ungeeignete Lernmethoden irgendwann zu einer Blockade und das Lernen wird zu einer untragbaren Bürde. Umso wichtiger ist nicht nur die Aufklärung von den Bezugspersonen und Lehrkräften, sondern auch die Etablierung von alternativen Lernmethoden, die die Freude am Lernen zurückbringen.

Die Vokabelapp cabuu

Eben das war das Ziel des Tübinger Startups cabuu. Dazu entwickelte das Team um Sprachwissenschaftler Dr. Christian Ebert eine Vokabelapp, die auf einer multisensorischen Lernmethode basiert. Unter dem Feedback, das das Team laufend erhält, sind auch vermehrt Eltern, die von ihren Erfolgen erzählen: Deren Kinder mit Lernschwächen wie Legasthenie oder ADHS hatten oftmals eine längere Leidensgeschichte beim Thema Vokabellernen hinter sich. Mit cabuu, so berichten viele, klappt das Vokabellernen wieder und die Kinder beschäftigen sich selbstständig und mit Freude mit der Wortschatzarbeit. Mittlerweile hat sich die App bei vielen Lerntherapeuten herumgesprochen und wird weiterempfohlen.

Lernen mit Gesten

Die Idee zur App entstand aus dem Prinzip des „gestischen Lernens“. Damit können Lerninhalte besser eingeprägt werden, da zeitgleich passende Gesten gemacht werden. Obwohl die Effektivität dieser Lernmethode sehr gut erforscht ist, wird sie kaum im Lernalltag genutzt. cabuu übertrug diese Lernmethode auf den Touchscreen: Für jede Vokabel führt der Nutzer passende Fingerbewegungen aus; anschließend werden Animationen und Audio abgespielt. So werden die Vokabeln länger im Gedächtnis verankert als beim bloßen Lernen mit Text und Bild, wie eine Pilotstudie zeigen konnte.

Warum funktioniert die gestische Lernmethode?

Beim Lernen von Vokabeln wie „kick“ (dt: „treten“), sind Hirnareale aktiv, die für die Planung und Ausführung der entsprechenden Bewegung zuständig sind. Diese Erkenntnis wird unter dem Begriff „Motor Cognition“ zusammengefasst. Er beschreibt die enge Verbindung zwischen motorischen und allgemeinen kognitiven Prozessen im Gehirn. Ein weiterer Aspekt ist der „Enactment Effect“: Das aktive Durchführen von Lerninhalten führt zu einer besseren Erinnerung im Vergleich zum bloßen Lesen. Dieser Effekt wurde mehrfach in Studien nachgewiesen. Damit könnte der Erfolg der gestenbasierten Lernmethode zu erklären sein. Kinder mit Legasthenie profitieren besonders von ihr, da der Zugang zur Erschließung der Vokabelbedeutung nicht über Text, sondern visuelle Interaktion erfolgt.

Vorteile von digitalen Lernhilfen

Digitale Lernhilfen bieten Vorteile, die Kindern mit Lernschwächen zugutekommen. Sie ersetzen zwar nicht ein persönliches Umfeld von Unterstützern, aber schaffen eine Ergänzung für tägliche Lernaufgaben.

  • Individualisierte Lernmöglichkeiten: In der cabuu-App wird die Häufigkeit der Wiederholung der Vokabeln anhand der Leistung berechnet: schlecht gemerkte Vokabeln werden öfter präsentiert.
  • Multisensorisches und interaktives Lernen: Audio, Animationen und Gesten sind im Lernprozess eingebunden.
  • Wiederholung und Selbstkontrolle: Ein Lernplan stückelt Vokabellisten in tägliche Portionen auf. Lernstatistiken zeigen die Erfolge an.
  • Kinderfreundliche Nutzeroberfläche und Gamification: Kindgerechte Anwendungen ermuntern mit einer freundlichen Nutzerumgebung und belohnen Leistungen.

Lernen im digitalen Zeitalter

Das Lernen von Vokabeln stellt für Menschen mit Legasthenie eine Herausforderung dar, die durch herkömmliche Strategien oft nicht bewältigt werden kann. Das führt zu Blockaden und Frustration. Digitale Lernhilfen wie die cabuu-App können hilfreich sein, diese aufzulösen, indem sie einen neuen Zugang zu Lerninhalten liefern. Die Vorteile der multisensorischen Lernmethoden werden dabei in das digitale Zeitalter geholt.

Lerntherapeut*innen erhalten kostenlose Testzugänge – einfach melden unter schulen@cabuu.de